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2 Jah­re DSGVO

Lese­dau­er 7 Minu­ten

Am 25. Mai 2018 wur­de die DSGVO wirk­sam, also gibt es die DSGVO bereits mehr als zwei Jahre.

Gro­ße Bou­le­vard-Blät­ter schrie­ben in der Zwi­schen­zeit über den „Daten­schutz-Wahn­sinn“ im Hin­blick auf geschwärz­te Foto­al­ben in Kitas und Schu­len oder die Namen auf Klingelschildern.

Doch vor allem den Auf­sichts­be­hör­den im Daten­schutz wur­de bzw. wird oft­mals das Feh­len einer gewis­sen Rea­li­täts­nä­he vorgeworfen.

Mitt­ler­wei­le bie­tet sich ein etwas ande­res Bild:

Die Auf­sichts­be­hör­den zei­gen sich an vie­len Stel­len der Bera­tung und in ihren Aus­füh­run­gen erfreu­lich praxisnah.

Und wäh­rend der Coro­na-Pan­de­mie las­sen sie sogar zeit­wei­se „Mil­de wal­ten“, indem bei­spiels­wei­se zur­zeit in Ham­burg kei­ne Buß­gel­der erlas­sen und andern­orts der Ein­satz von Video­kon­fe­renz­tools in Schu­len nicht bean­stan­det wird.

In NRW heißt es in einer Pres­se­mit­tei­lung der Auf­sichts­be­hör­de vom 18. Mai 2020 sogar sehr verständnisvoll:

„Die Coro­na-Kri­se ist nicht der rich­ti­ge Zeit­punkt, um abschlie­ßen­de Lösun­gen zum Ein­satz pri­va­ter End­ge­rä­te im Schul­be­reich zu fin­den.
Gera­de auch hier ist die Auf­recht­erhal­tung der Arbeits­fä­hig­keit und der Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mög­lich­kei­ten trotz die­ses außer­ge­wöhn­li­chen, in die­sen Aus­wir­kun­gen nicht vor­her­seh­ba­ren Ereig­nis­ses essen­ti­ell, da ansons­ten ande­re Risi­ken für die Rech­te und Frei­hei­ten natür­li­cher Per­so­nen drohen.“

Es gibt noch wei­te­re posi­ti­ve Bei­spie­le, die Erwäh­nung fin­den und ein wenig die Furcht vor dem „Daten­schutz-Mons­ter“ neh­men sollten.

Schrift­form­erfor­der­nis beim AVV

Anfäng­lich wur­de dis­ku­tiert, ob ein AV-Ver­trag von den Ver­trags­par­tei­en schrift­lich zu unter­schrei­ben ist und das (stren­ge) deut­sche Schrift­form­erfor­der­nis gilt.

Im 48. Tätig­keits­be­richt führt der LfDI Hes­sen zur Schrift­form des Ver­tra­ges über die Auf­trags­ver­ar­bei­tung nach Art. 28 DSGVO aus:

„Mit der in der DSGVO ange­ord­ne­ten Schrift­form soll sicher­ge­stellt wer­den, dass die Betei­lig­ten die Mög­lich­keit haben, sich dau­er­haft und zuver­läs­sig über den Inhalt des Auf­trags­ver­ar­bei­tungs­ver­tra­ges oder einer ein­sei­ti­gen Ver­pflich­tungs­er­klä­rung zu infor­mie­ren. Die­se dau­er­haf­te Infor­ma­ti­ons­funk­ti­on erfüllt auch die Text­form, wie sie in § 126b BGB gere­gelt ist (Palandt, a.a.O.).

Der Aus­tausch von Com­pu­ter­fa­xen oder E‑Mails mit oder ohne PDF-Anhang genügt daher dem Schrift­form­erfor­der­nis nach Art. 28 Abs. 9 DS-GVO. 

Die Auftragsverarbeiter:innen könn­ten auch einen Ver­trags­text auf ihrer Web­sei­te einstellen. 

Die Ver­ant­wort­li­chen könn­ten dann die Annah­me­er­klä­rung durch Ankli­cken eines Käst­chens wirk­sam abgeben.

In die­sem Fall müss­te sicher­ge­stellt sein, dass die Ver­ant­wort­li­chen die Ver­trä­ge spei­chern und aus­dru­cken kön­nen. Die DS-GVO ver­langt nicht, dass ein Down­load tat­säch­lich erfolgt. [..]“

Danach sind also übli­che Vor­gän­ge des Geschäfts­le­bens und elek­tro­ni­sche Kon­zep­te zuläs­sig, die ins­ge­samt die Abwick­lung der AVV vereinfachen.

Umset­zung eines Löschkonzepts?

Das viel­seits gefor­der­te Lösch­kon­zept, ins­be­son­de­re des­sen Umset­zung wirft nach wie vor vie­le Fra­gen auf. Der LfDI in Rhein­land-Pfalz schreibt auf der Web­sei­te der Auf­sichts­be­hör­de in den FAQ für „Ver­ei­ne“ hier­zu jedoch sehr einleuchtend:

„Bezüg­lich des Löschens von Daten inner­halb einer bestehen­den Daten­si­che­rung ist es aus­rei­chend sicher­zu­stel­len, dass die mög­li­cher­wei­se nur noch in der Daten­si­che­rung vor­han­de­nen per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten im Rah­men der Daten­si­che­rungs­stra­te­gie nach einem fest­ge­leg­ten Zeit­punkt aus allen Back­ups ent­fernt wer­den.
Die Daten­si­che­rungs­stra­te­gie soll­te im Rah­men eines ent­spre­chen­den Kon­zep­tes schrift­lich doku­men­tiert sein. Daten­trä­ger bzw. deren Inhal­te sind sicher auf­zu­be­wah­ren und nur Berech­tig­ten im Rah­men ihrer Auf­ga­ben­er­fül­lung zugäng­lich zu machen.
So kann auf die regel­mä­ßi­ge Doku­men­ta­ti­on ein­zel­ner Lösch­vor­gän­ge ver­zich­tet und die erneu­te Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Daten im Rah­men eines Lösch­vor­gangs ver­mie­den werden.“

https://www.datenschutz.rlp.de/de/themenfelder-themen/vereine/

Hier­mit wird ein pra­xis­ge­rech­ter Weg auf­ge­zeigt, der die Ver­ant­wort­li­chen nicht vor immense Hür­den stellt und das „Unmög­li­che“ fordert.

Daten­schutz bei Foto­auf­nah­men

In den ers­ten Wochen unter der DSGVO stürz­ten sich vie­le Medi­en und Kritiker:innen auf die Recht­mä­ßig­keit oder eher Unrecht­mä­ßig­keit der Anfer­ti­gung und Ver­öf­fent­li­chung von Foto­auf­nah­men. Die DSGVO wur­de so inter­pre­tiert, dass fort­an Men­schen nur nach (schrift­li­cher) Ein­wil­li­gung abge­bil­det und deren Fotos ver­ar­bei­tet wer­den dürf­ten. Die Men­schen lie­ßen ihre Foto­ka­me­ras lie­ber zuhau­se, anstatt sie in den Urlaub mitzunehmen.

Aller­dings prä­sen­tier­te der LfDI aus Baden-Würt­tem­berg, Dr. Ste­fan Brink, im Sep­tem­ber 2019 zu die­sem The­ma eine sehr gute Handreichung. 

Dort ist erst ein­mal klar erklärt, wann für Fotograf:innen über­haupt erst die DSGVO gilt. 

Auch wird das berech­tig­te Inter­es­se als Rechts­grund­la­ge der Ver­ar­bei­tung der Fotos von grö­ße­ren Ver­an­stal­tun­gen recht pra­xis­nah ver­stan­den, sodass in die­sen Fäl­len kei­ne Ein­wil­li­gung der Betrof­fe­nen ein­zu­ho­len sei:

„Bei einer grö­ße­ren Ver­an­stal­tung auf Ein­la­dung dürf­te die Erwar­tungs­hal­tung der Gäs­te und der an der Durch­füh­rung Betei­lig­ten regel­mä­ßig dahin gehen, dass eine Doku­men­ta­ti­on in Form von Foto­gra­fien statt­fin­den wird.
Die betrof­fe­ne Per­son muss mög­li­cher­wei­se auch mit einer inter­nen Ver­wen­dung der Fotos rech­nen, jedoch gehen die ver­nünf­ti­gen Erwar­tun­gen nicht dahin, dass die Fotos anschlie­ßend ver­öf­fent­licht wer­den.
Eben­so wenig muss die betrof­fe­ne Per­son mit einer werb­li­chen Ver­wen­dung der Fotos rech­nen. Das kann bei öffent­lich bewor­be­nen Ver­an­stal­tun­gen anders zu bewer­ten sein.“ (S. 5 der Broschüre).“

Hand­rei­che „Foto­gra­fie­ren und Daten­schutz“ vom LfDI Baden-Württemberg

Auch ande­re Datenschützer:innen gehen die­sen Weg und stüt­zen die Foto­auf­nah­men bei Mas­sen­ver­an­stal­tun­gen oder „Fir­men-Fei­ern“ auf das berech­tig­te Inter­es­se bzw. sehen von der Ein­wil­li­gungs­lö­sung ab.

Social Media von öffent­li­chen Stellen

Alle Welt will in Social Media prä­sent sein, natür­lich auch die Behör­den und Ämter.

Der Lan­des­be­auf­trag­te für den Daten­schutz und die Infor­ma­ti­ons­frei­heit Rhein­land-Pfalz, Prof Dr. Die­ter Kugel­mann, ver­öf­fent­lich­te vor weni­gen Tagen den aktua­li­sier­ten „Hand­lungs­rah­men für die Nut­zung von „Social Media“ durch öffent­li­che Stel­len“, den wir bereits im März bei uns im Blog vor­ge­stellt hatten. 

Eini­ge Fra­gen sind hier­mit geklärt und das Medi­um „Face­book“ weni­ger ver­teu­felt als einst angenommen.

Apro­pos Social Media: 

Der LfDI von Rhein­land-Pfalz hat vor weni­gen Tagen Mus­ter für die Daten­schutz­er­klä­rung auf Face­book und Twit­ter sowie wei­te­re Hin­wei­se hier­zu auf der ent­spre­chen­den Unter­sei­te veröffentlicht. 

Hier darf sich jeder­mann bedie­nen und es spe­ku­lie­ren vie­le Jurist:innen bereits: wären die­se Anbie­ter ver­bo­ten, wür­de es wohl kei­ne offi­zi­el­len Mus­ter geben, oder?

Whats­App Busi­ness bei Behörden?

Zu einem wei­te­ren, sehr rele­van­ten The­ma zählt seit gerau­mer Zeit der Ein­satz von Whats­App im Kon­text der Kom­mu­ni­ka­ti­on mit Kund:innen oder Interessent:innen.

Im von der Lan­des­be­auf­trag­ten für Daten­schutz und Infor­ma­ti­ons­frei­heit im Saar­land, Frau Moni­ka Grethel, ver­öf­fent­lich­ten Tätig­keits­be­richt des Saar­lan­des für das Jahr 2019 fin­det sich eine bemer­kens­wert kla­re und aus­dif­fe­ren­zier­te Prü­fung des Ein­sat­zes von Whats­App Busi­ness durch öffent­li­chen Stel­len (sie­he ab S. 75 ff.). Alle Kri­tik­punk­te und Beden­ken zum Daten­schutz wer­den im mehr­sei­ti­gen Bericht angesprochen.

Was umfasst alles die Aus­kunft nach Art. 15 DSGVO?

Die Betrof­fe­nen­rech­te der DSGVO, vor allem das Aus­kunfts­ge­such nach Art. 15 DSGVO soll­te vie­len Ver­ant­wort­li­chen Schweiß­per­len auf die Stirn brin­gen. So kann der oder die Betrof­fe­ne grund­sätz­lich eine „Kopie“ der per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten, die ihn betref­fen, ein­for­dern. Die Fra­ge lau­tet: Was fällt alles dar­un­ter? Jede E‑Mail oder sogar jede Notiz?

Im aktu­el­len Jah­res­be­richt der Ber­li­ner Auf­sichts­be­hör­de fin­det sich ein inter­es­san­ter Fall eines Aus­kunfts­er­su­chens einer ehe­ma­li­gen Mit-Geschäfts­füh­re­rin, die nach ihrem Aus­schei­den unter ande­rem auch Aus­kunft über alle sie betref­fen­de E‑Mails gel­tend gemacht hat.

Die LfDI in Ber­lin begrenz­te die­ses Vor­ha­ben (zu Recht) und schreibt hierzu:

„Eine voll­stän­di­ge Her­aus­ga­be aller E‑Mails aus dem Sys­tem des Unter­neh­mens, in denen der Name der Beschwer­de­füh­re­rin auf­taucht, ist schon allein des­halb nicht mög­lich, weil das Recht auf Her­aus­ga­be einer Daten­ko­pie durch die Rech­te und Frei­hei­ten ande­rer Per­so­nen beschränkt wird.
In der von der Beschwer­de­füh­re­rin ver­lang­ten E‑Mail-Kom­mu­ni­ka­ti­on tauch­ten zahl­rei­che ande­re Per­so­nen (ins­be­son­de­re ande­re Mit­ar­bei­ten­de des Unter­neh­mens und Exter­ne) auf, sodass hier umfang­rei­che Rück­schlüs­se auf per­so­nen­be­zo­ge­ne Daten Drit­ter mög­lich gewe­sen wären, an denen die Beschwer­de­füh­re­rin zudem kein kon­kre­tes Inter­es­se vor­ge­tra­gen hat­te.
Des Wei­te­ren wäre mit einer umfas­sen­den Her­aus­ga­be auch die Kennt­nis­er­lan­gung über inter­ne Abläu­fe, Betriebs­ge­heim­nis­se und Know-how des Unter­neh­mens oder der mit ihm ver­bun­de­nen Unter­neh­men ver­bun­den gewe­sen. Dem stan­den berech­tig­te Unter­neh­mens­in­ter­es­sen entgegen.“

https://www.datenschutz-berlin.de/fileadmin/user_upload/pdf/publikationen/jahresbericht/BlnBDI-Jahresbericht-2019-Web.pdf Jah­res­be­richt 2019, S. 119f

Die­se Ein­gren­zung ist zu begrü­ßen und könn­te für Erleich­te­rung auf Sei­ten der Unter­neh­men führen.

Im Übri­gen haben auch meh­re­re Gerich­te (z.B. LG Hei­del­berg, Az.: 4 O 6/19) bereits zu erken­nen gege­ben, dass der Aus­kunfts­an­spruch nicht ufer­los ist und unter Umstän­den das gan­ze Unter­neh­men „lahm“ legen kann.

Alles gar nicht so schlimm? 

Aber natür­lich stel­len die auf­ge­zeig­ten Bei­spie­le nur eine sub­jek­ti­ve Aus­wahl dar. Es gibt auch wei­ter­hin vie­le stren­ge Ein­schät­zun­gen und Anord­nun­gen der Aufsichtsbehörden. 

Doch es lässt sich kon­sta­tie­ren, dass die Auf­sichts­be­hör­den für pra­xis­na­he Lösun­gen und zeit­ge­mä­ße Situa­tio­nen auf­ge­schlos­sen sind

Also las­sen Sie sich gut beraten.

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