Wem Datenschutz wichtig ist, der kauft sich ein iPhone. Mit dieser Botschaft positioniert sich Apple seit Monaten als Konzern, dem die Privatsphäre seiner Kunden am Herzen liegt.
Die Markenstrategie verärgert allerdings Apples Nachbarn im Silicon Valley. Dieser Vorstoß missfällt allen, voran Facebook.
Denn das Unternehmen von Mark Zuckerberg lebt davon, Daten über Menschen zu sammeln, um Werbung zielgerichtet ausliefern zu können.
Zuletzt sorgte ein Update für die Betriebssysteme von iPhone und iPad dafür, dass Anwender:innen nerviges Werbe-Tracking unterbinden können.
Seither landen weniger Daten bei Unternehmen wie Facebook.
Der Social-Media-Konzern protestierte heftig und lancierte eine massive PR-Kampagne, die suggerierte, dass Apples Tracking vor allem kleine Betriebe treffen würde. Diese seien nämlich besonders auf den vergleichsweise günstigen Werbekanal Facebook angewiesen.
Doch die Proteste von Facebook und der Werbeindustrie haben Apple nicht zum Einlenken bewegt, ganz im Gegenteil.
Auf der Entwicklerkonferenz WWDC legten Apple-Chef Tim Cook und sein Team am Dienstagabend noch einmal nach. Das im Herbst erscheinende Software-Update iOS 15 für mobile Geräte bringt weitere Privatsphäre-Funktionen.
So werde die E‑Mail-App künftig verhindern, dass Überwachungsprogramme nachvollziehen können, ob jemand eine Mail geöffnet hat oder nicht, teilte Apple mit.
Auch soll der Apple-Browser Safari künftig seine IP-Adresse im Web verschleiern können. Wer alle Netzverbindungen seiner Apps abschirmen möchte, kann bald auf die Funktion “Private Relay” zurückgreifen. Sie ist Teil eines neuen Abos, das “iCloud+” heißt. Ähnlich wie bei den Virtual Private Networks (VPN), die bei vielen Menschen beliebt sind, können Apple-Nutzer:innen sich mit Private Relay bei ihren Bewegungen im Netz anonymisieren.
Im Gegensatz zu einem klassischen VPN-Dienst können sie aber keinen virtuellen Standort auswählen. Einen virtuellen Standort auszuwählen ermöglicht es zum Beispiel, von Deutschland aus Streaming-Inhalte anschauen zu können, die eigentlich Zuschauer:innen in den USA vorbehalten sind.
Auch beim datenhungrigen Einsatz künstlicher Intelligenz, den Apple quer durch alle Produktgruppen vorantreibt, verspricht der Konzern Datenschutz. Für seine maschinellen Lern-Programme würden Daten nicht an Server im Irgendwo übertragen, sondern lokal auf den Geräten selbst verarbeitet.
Apple bringt mehr Datenschutz und smarte Funktionen für seine Geräte.
Bessere Videokonferenzen oder mit Freunden Serien anschauen: Apple gibt seinen eigenen Apps mehr soziale Funktionen und will mit mehr Datenschutz überzeugen.
Apple ist ein Unternehmen, das Details viel Aufmerksamkeit schenkt. Wenn Apples Software-Chef Craig Federighi während der Keynote auf der hauseigenen Entwicklerkonferenz WWDC den Start-Bildschirm eines iPhones oder iPads zeigt, ist dort nie eine Facebook‑, Messenger‑, Whatsapp- oder Instagram-App zu sehen. Diese Apps bilden immerhin vier der meistgenutzten Apps in Apples Betriebssystem iOS ab.
Alle stammen aus dem Hause Facebook. Facebook ist seit einigen Jahren der Lieblingsrivale des Zwei-Billionen-Dollar-Konzerns aus Cupertino. Bisher streiten sich die beiden Silicon-Valley-Nachbarn um Privatsphäre-Regeln auf Apples Geräten, die Facebooks Werbegeschäft einschränken. Durch das Update zu iOS 15, das diesen Herbst kommen soll, bringt Apple seine Kommunikations-Apps iMessage und Facetime für einen direkten Angriff auf Facebook in Stellung.
Durch Videokonferenzen mit Freunden oder die bessere Organisation der von Freunden geteilten Fotos oder Artikel sollen einige zentrale Facebook-Funktionen in Apples vorinstallierten Apps möglich sein. Spätestens jetzt ist klar, warum Facebook-Chef Mark Zuckerberg Apple im Januar als «direkten Konkurrenten» bezeichnete.
Bei vielen Funktionen zieht Apple gerade erst mit Zoom oder eben Facebooks vergangenes Jahr eingeführten «Messenger Rooms» gleich. Facetime soll beispielsweise Nebengeräusche oder den Bildhintergrund ausblenden können. iOS 15 bietet auch die Möglichkeit, Anrufe zu planen und Links zu senden, mit denen andere Nutzer:innen an einem Anruf teilnehmen können. Offenbar sieht sich Apple nun auf Augenhöhe: erstmals soll Facetime auch auf Android-Geräten und Windows-Rechnern über das Web verfügbar sein.
Apple verstärkt seinen Datenschutz.
Doch Apple will auch mit Funktionen punkten, bei denen verschiedene Apps problemlos ineinandergreifen, um gemeinsame Erlebnisse möglich zu machen. Eine neue Shareplay-Funktion auf Facetime soll Nutzer:innen helfen, gemeinsam Serien anzusehen, Musik zu hören oder auf Apps zuzugreifen. Etwa damit sich ein Nutzer auf Wohnungssuche gemeinsam mit seinen Freunden durch Listen von Apartments in einer Immobilien-App scrollen und sich beraten kann. Fotos, Songs oder Podcasts, die Freunde mit einem Nutzer in iMessage geteilt haben, tauchen in iOS 15 in einem «Mit dir geteilt»-Tab in den entsprechenden Apps auf.
Das sind zwar bei weitem nicht alle Funktionen, die die Facebook-App inzwischen anbietet, doch Apple positioniert sich als simple Alternative, bei der die Nutzerdaten sicher sind. Apple verstärkt seinen Datenschutz in iOS 15 und iPadOS 15 sogar noch durch ein neues Menu, das Nutzer:innen detailliert anzeigt, welche Daten Apps von Drittanbietern sammeln.
Passend zum Datenschutz-Thema baut Apple auch seine Abo-Dienste – seit einigen Jahren der Hoffnungsträger für weiteres Umsatzwachstum – weiter aus. Abonnent:innen von iCloud+ können außer Speicherplatz die Datenübertragung mit zusätzlicher Verschlüsselung buchen.
Die Funktion «Private Relay» soll besser als herkömmliche VPN-Dienste die übertragenen Daten abschirmen. Im Gegensatz zu einem klassischen VPN-Dienst («Virtual Private Network») können die Kund:innen aber keinen virtuellen Standort auswählen, um zum Beispiel von Europa aus Streaming-Inhalte anschauen zu können, die eigentlich Zuschauer:innen in den USA vorbehalten sind. iCloud+ enthält auch Speicherplatz für die smarte Homekit-Kamera und Wegwerf-E-Mail-Adressen, die Nutzer:innen einmalig während der Anmeldung bei einem Dienst angeben können, von dem sie nicht dauerhaft zugespamt werden wollen.
Beim Thema KI liegt Apple jedoch zurück.
Apples Fokus auf Datenschutz hatte bisher den Preis, dass viele KI-gestützte Dienste auf Apple-Geräten nicht so gut funktionieren wie vergleichbare auf Googles Android. Der Sprachassistent Siri etwa versteht Befehle merklich seltener als Google Assistant. In den vergangenen Jahren hat Apple mehrere hochrangige KI-Experten des Konkurrenten abgeworben, darunter seinen heutigen KI-Vorstand John Giannandrea oder vor wenigen Wochen den französischen Wissenschafter Samy Bengio.
Auch bei der Intelligenz seiner Produkte müht sich Apple sichtlich, zu Google aufzuholen. Die Fotos-App kann nun aus einem Schriftzug in einem Bild, zum Beispiel dem Schild eines Restaurants, erkennen, wo das Restaurant steht und den Ort in Maps anzeigen oder eine Telefonnummer im Schaufenster direkt anrufen. Ähnliche Funktionen bietet Google in Lens aber bereits an.
Der smarte Lautsprecher Homepod Mini soll zur Schaltzentrale des Smarthomes werden. Dazu wird das Gerät in diesem Monat in weiteren Ländern, darunter Österreich, eingeführt und soll eine bessere Soundqualität bekommen.
Auch Siri soll in smarte Hausgeräte von Fremdanbietern wie dem Thermostat-Hersteller Ecobee integriert werden können. Digitale Schlüssel für die Wohnungstür können in iPhone oder Apple Watch abgespeichert werden. Dies ist mit den Autoschlüsseln für viele BMW-Modelle schon seit dem vergangenem Jahr möglich.
Zwar haben Amazons Alexa oder Googles Assistant den Markt bisher weiter durchdrungen, doch smarte Kameras oder Haustürschlüssel scheuen viele Nutzer:innen noch prinzipiell. Oft aus Angst und Unklarheit, wozu ihre sensiblen Daten einmal eingesetzt werden könnten. Apples Ruf als Datenschutz-Konzern könnte beim Wettbewerb um das Smarthome noch hilfreich sein.
Es ist spannend, mit anzusehen, wie sich Unternehmen dem Datenschutz widmen.
Leider geschieht dies nicht immer in erster Linie, um die Betroffenen zu schützen, sondern wohl eher, um Konkurrent:innen die Daten vorzuenthalten.
Denn wie es so ist, sind Daten bares Geld und wahrlich ein gigantisches Vermögen.
Also lassen Sie sich gut beraten.
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