Die virtuelle Welt bzw. das Metaverse wird als Zukunft des Internets verstanden. Dem Verständnis vieler großer Tech-Unternehmen nach handelt es sich dabei um die Integration der realen in die virtuelle Welt.
Dem ehemaligen Facebook-Konzern, der sich ja bereits zur Meta Platform umfirmiert hat, schwebt hierbei vor, ein umfassendes virtuelles Universum zu erschaffen.
Doch nicht nur Großbritannien schaut mit einem besorgten Blick auf dieses Meta Vorhaben und reagierte mit dem Erlasse eines „Online Safety Bill“ als Metaverse-Gesetz. Ziel dieses Gesetzes ist unter anderem die Bekämpfung der Verbreitung illegaler Inhalte.
Aber wie sinnvoll ist es, auf ein dezentrales autonomes Metaverse als neue online Realität mit nationalen Gesetzen zu reagieren?
Doch was ist das Metaverse?
Das Metaverse (dt. Metaversum) ist das Konstrukt einer digitalen Welt, in die mittels Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) eingetaucht wird und man so immersiv eine Art digitales Leben führt. Dabei wird die virtuelle Welt durch einen Avatar erlebt und bietet die Möglichkeit, mit allen anderen Teilnehmer:innen in dieser Welt zu interagieren.
Virtuelle Räume
Innerhalb des Metaversum gibt es separate virtuelle Räume, die zahlreiche Möglichkeiten bieten. So gibt es zum Beispiel virtuelle Einkaufszentren oder Räume, die zum Spielen von Games besucht werden und ein virtuelle besuche von Diskotheken sind möglich.
Das Besondere dabei ist, dass das Metaverse grenzenlos verläuft. Käufe in Shops sind dann nicht auf den einzelnen virtuellen Raum beschränkt, sondern über das ganze Metaversum in jedem Kontext und in jedem anderen virtuellen Raum möglich. Dieses ist der wesentlichste Unterschied zu den aktuellen Möglichkeiten im Internet. Denn im Moment ist die Nutzung von Tokens in einem Spiel grundsätzlich auf das jeweilige Spiel beschränkt. Dieses können in der Regel nicht zum Bezahlen auf einer anderen Plattform genutzt werden.
Übergreifend nutzen
Im Metaversum soll gerade dieses aber möglich sein. Das Metaverse ist also eine kollektive virtuelle Welt und einer Vielzahl von Räumen, welche unbeschränkt übergreifend funktionieren. Über das wirkliche Potenzial und die tatsächlichen Möglichkeiten lässt sich aktuell nur spekulieren.
Denkbar ist auch, per VR mit seinem Avatar in einen Büroraum zu gehen, um dort zu arbeiten oder aber digitale Hologramme in die eigenen vier Wände zu projektieren.
Ein bereits existierender Prototyp ist „Second Life“. Auch Meta hat bereits mit „Horizon Worlds“ den Schritt in Richtung virtuelle Welt getan. Das Metaverse ist also aktuell keine bloße Idee mehr.
Zwar scheint das Ziel der Unternehmen eher auf ein marktbeherrschendes Metaverse ausgerichtet zu sein. Die dahinterstehende Vision wird aber immer konkreter und scheint in naher Zukunft immer greifbarer.
Viele Fragen
Doch neben vielen Potenzialen stellen sich aber auch rechtliche Fragen.
Da das Metaverse nationsübergreifend zugänglich ist, stellt sich die Frage nach dem geltenden Rechtsregime. Denn im besten Fall hat jeder Zugang dazu. Hier ist es also besonders wichtig, innerhalb der virtuellen Welt alle Rechtssysteme zu vereinen. Außerdem ist daran zu denken, dass die wenigsten Gesetzestexte bereits auf ein Metaverse vorbereitet sind, womit sich die Frage stellt, ob die aktuell bestehenden Regelungen überhaupt geeignet sind, eine virtuelle Welt angemessen zu regeln.
Völkerrechtlicher Vertrag
Dabei ist eine Art neue internationale Organisation als Staatenzusammenschluss aller Länder denkbar, welche den Zugang zum Metaverse ermöglicht. Als dezentrale autonome Organisationen könnten die teilnehmenden Staaten mittels völkerrechtlicher Verträge ein separates Rechtskonstrukt zur Regulierung des Metaverse erschaffen. Völkerrechtliche Verträge sind aber eher weniger geeignet, da sie nur die Vertragsstaaten und selten die im Land ansässigen Unternehmen oder Privatpersonen direkt verpflichten.
Internationales Privatrecht (IPR)
Das IPR könnte als Anknüpfungspunkt dienen, denn es beantwortet als Kollisionsrecht die Frage, welche Rechtsordnung bei Fällen mit Bezügen zu Rechtssystemen verschiedener Staaten gilt. So sind die Ausgangspunkte, wie etwa der gewöhnliche Aufenthalt des Verkäufers bei Kaufverträgen, grundsätzlich auf das Metaverse übertragbar. Das IPR deckt dabei die zivilrechtlichen Konstellationen ab, und für strafrechtliche Sachverhalte ist das internationale Strafrecht zu beachten.
Herkunftsland des Betroffenen
Diese Frage ist nicht so einfach zu klären, denn wer ist überhaupt Betroffene:r? Der Avatar oder die Person, welche den Avatar aus der realen Welt steuert? Da der Avatar nur ein digitales Abbild einer realen Person darstellt, spricht vieles für das Herkunftsland des Steuernden.
Die DSGVO
Wann gilt die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)? Denn der räumliche Anwendungsbereich der DSGVO wird in Art. 3 DSGVO primär mit dem Sitz des Unternehmens, das die Daten verarbeitet, bestimmt. Wird also daher das geltenden Recht auf das Herkunftsland des Betroffenen abgestellt, so ist allein dessen dauernder Aufenthalt maßgeblich. Liegt dieses dann zudem in der Union, ist das Unionsrecht und damit auch die DSGVO anzuwenden.
Recht des Plattformbetreibers
Möglicherweise sind die einzelnen Plattformen im Sinne der „virtuellen Räume“, die man im Metaverse betritt, als Anknüpfungspunkte für das anzuwendende Rechtssystem anzusehen. Dabei stellt sich die Frage, ob es auf den realen Unternehmenssitz oder auf den Sitz im Metaverse ankommt.
Sollte der Unternehmenssitz in der realen Welt Ausgangspunkt sein, ist die Rechtslage übersichtlich. Dann ist beispielsweise in einem virtuellen Einkaufszentrum, das von einem in den USA ansässigen Unternehmen betrieben wird, das US-Recht geltend. Hat der Betreiber seinen Sitz in der Union, dann ist Unionsrecht anzuwenden und damit auch die DSGVO, zumindest soweit es um die Verarbeitung personenbezogener Daten geht.
Kommt es jedoch auf den Sitz des Unternehmens im Metaverse an, so wird das Marktortprinzip wohl hinken. Es ist nicht zu erwarten, dass innerhalb der virtuellen Welt auch staatliche Territorien zu finden sind. Daher wird es schwierig, das Marktortprinzip anzuwenden und die Union als territoriales Gebiet wäre auch kein Anknüpfungspunkt.
Was sind personenbezogene Daten im Metaverse?
In das Metaverse taucht man mittels VR und AR ein. Zwar ist die Entwicklung dieser beiden Technologien aktuell für ein immersives Metaverse noch nicht reif genug. Dennoch hat es die IT-Branche bereits geschafft, sog. „Smartcams“ auf den Markt zu bringen. Diese können nicht nur Videos aufzeichnen, sondern auch weitere Informationen aus ihnen gewinnen. Durch integrierte Sensoren in der Kamera oder im Computer können auch körperliche Aktionen erfasst und verwertet werden.
Daher stellt sich die Frage, ob unter anderem die Mimik, Gestik und Körpersprache als Daten zu qualifizieren sind und dies mit der DSGVO vereinbar ist.
Regel für das Metaverse
Für das Metaverse gibt es bereits sieben verfasste Regeln:en sollen:
- Es gibt nur ein Metaverse.
- Das Metaverse ist jedermann zugänglich.
- Niemand kontrolliert das Metaverse.
- Das Metaverse ist offen.
- Das Metaverse ist unabhängig von einer Hardware.
- Das Metaverse ist ein Netzwerk.
- Das Metaverse ist das Internet.
Keine Kontrolle?
Doch wenn niemand das Metaverse kontrolliert (siehe Regel 3), wer ist dann für die datenschutzrechtlichen Vorgänge innerhalb der virtuellen Welt verantwortlich?
Das Metaverse soll ja ein zweites Leben ermöglichen, doch auch bei einem virtuellen Leben müssen zwischenmenschliche Begegnungen rechtlichen Rahmenbedingungen unterliegen, ob dieses nun die Achtung der Grundrechte oder der Datenschutz betrifft.
Also lassen Sie sich gut beraten.
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