Welches Kind geht schon gerne abends ins Bett? Wenn eine tolle Gutenachtgeschichte nicht zum Einschlafen führt, so kann es heutzutage zum Schlafen doch einfach ein digitaler Helfer in Form einer App übernehmen.
Pokémon Sleep hilft Kindern dabei, viel und gesund zu schlafen. Dazu überwacht die App den Schlaf von Kindern, die für das Schlafen Punkte sammeln können.
Smartphone geht mit schlafen
Damit der Schlaf aufgezeichnet werden kann, sollen Kinder ihr Smartphone mit der aktiven App neben ihr Kissen legen, wenn diese schlafen gehen. Weil das Smartphone sonst überhitzen könnte, soll man es nicht unter einem Kissen oder einer Decke legen. Wie gesund es grundsätzlich ist, sein Smartphone mit am oder ins Bett zu nehmen, sei dahingestellt.
Über einen Beschleunigungssensor werden die Bewegungen im Schlaf erfasst und per Handymikrofon die Schlafgeräusche aufgezeichnet. Dabei ist Pokémon Sleep jedoch nicht nur nachtaktiv. Am Tag ist „Relaxo“ wach und möchte gefüttert werden. Daher erinnern Pushnachrichten an den Bedarf nach Beeren, welche dann auch noch zu kaufen sind.
In der Werbung für das Spiel wird erklärt, dass man umso besser abschneide, je länger geschlafen wird. Für die Analyse wird der Schlaf in drei „Schlaftypen“ eingeteilt, Halbschlaf, Leichtschlaf und Tiefschlaf. Pokémon-Figuren mit ähnlichen Schlafgewohnheiten werden sich dann morgens in der virtuellen Spielumgebung versammeln.
Schlaflose Nächte
Dass solche Apps schlaflosen Nächten vorbeugen sollen, ist verständlicherweise infrage zu stellen. Sorgt Stress doch bekanntlich für einen eher unruhigen bis unsteten Schlaf. Dieser kann leicht durch den Aufbau von Leistungsdruck entstehen und sei es nur, um Pokémons glücklich zu machen. Zudem wird ein falsches Bewusstsein für den Umgang mit digitalen Medien geschaffen und eine gesunde Distanz zu den Selbigen verhindert. So ist es daher nicht allein ein aus datenschutzrechtlicher Sicht bedenklich, sondern sollte auch im Rahmen des Jugendschutzes und der Medienpädagogik hinterfragt werden.
Es dürfen Kinder aufgrund ihres Alters meistens rechtlich nicht über die Nutzung der App entscheiden, doch die Bereitwilligkeit oder die Kompetenz zur Entscheidung der Sorgeberechtigten über die Nutzung solcher Apps ist im Einzelfall zu hinterfragen.
Datennutzung
Wie in so vielen Fällen ist auch hier die anschließende Datennutzung zu hinterfragen. Zwar verlassen offensichtlich keine Audioaufnahmen das lokale Gerät, doch die Schlafauswertungen werden auf den Servern der Betreiber gespeichert. Dabei ist die Qualität jedoch fragwürdig, denn die App ist beispielsweise nicht in der Lage zu unterscheiden, ob Benutzer:innen tatsächlich wach sind oder ein Fernseher oder dergleichen im Hintergrund läuft.
Suchtgefahr
Geht das Kind abends mit dem Smartphone zu Bett und schaut nach dem Aufwachen als erstes, ob es gut geschlafen hat oder es den Pokémons gut geht, dann wird es nur schwer diese Gewohnheit wieder aufgeben wollen bzw. können.
Mit diesen Apps ist es wieder mit jedem anderen technischen Hilfsmittel. Die beste Erkenntnis für einen guten und ausreichenden Schlaf ist das Gefühl und Wohlbefinden beim Aufwachen. Egal was uns Technik dabei auch immer suggerieren will.
Also lassen Sie sich gut beraten.