Auch ein digitaler Nachlass sollte geregelt sein. In Zeiten der digitalen Kommunikation entsteht ein digitaler Abdruck der jeweiligen Person. Denn die Meisten verfügen heute über digitale Geräte wie Computer, Tablets oder Smartphones.
Elektronische Daten in Form von Fotos, Videos, Tonaufnahmen u.ä. entstehen und sind meist an verschiedenen Orten gespeichert. Dazu kommen diverse E‑Mail-Konten, Profile in sozialen Medien, Benutzerkonten in Online-Shops, Abonnements von Online-Zeitungen, Streaming-Diensten, E‑Banking-Anwendungen.
Dabei geht schnell der Überblick darüber verloren, welche Online-Konten vorhanden sind und auch noch genutzt werden. Das überfordert viele Betroffene.
Digitaler Nachlass
Falls eine Person stirbt oder nicht mehr willens oder fähig ist, sich um ihren digitalen Nachlass zu kümmern:
Online-Konten:
- Die meisten bleiben bestehen, wenn nichts unternommen wird.
Manche werden nach einem gewissen Zeitraum der Inaktivität und nach erfolgloser Aufforderungen zum erneuten Login deaktiviert.
Online-Verträge:
- Verträge laufen weiter und verursachen womöglich laufende Kosten
(Abonnemente).
Digitale Daten auf Speichergeräten:
- Fotos etc. bleiben auf den Speichergeräten liegen.
Erbrechtliche Situation
Online-Konten bzw. ihre Inhalte (z.B. Fotos, Texte etc.):
- Je nach Standort der Plattform, die das Konto betreibt, kommt anderes Erbrecht zum Tragen (z.B. USA, Schweden, etc.).
- Häufig sind Urheberrechte an die Plattformen abgetreten worden, d.h. es besteht kein Anspruch auf erbrechtliche Übertragung der Konto-Inhalte.
- Achtung: E‑Books sind z.B. nicht übertragbare einfache Nutzungsrechte und kein Eigentum und können nicht vererbt werden.
Online-Verträge:
- Online-Verträge gehen auf die Erben über.
Digitale Daten auf Speichergeräten:
- Sie sind erbrechtlich übertragbar (z.B. Fotos, Text‑, Audio- und Videodateien etc.).
Daher sind zu treffende Vorkehrungen sehr sinnvoll.
Was ist zu regeln?
Allem voran steht eine gute Organisation und Vorbereitung des digitalen Nachlasses. Hierzu sind für mögliche bevollmächtigte Vertrauenspersonen bzw. Erben Vorsorgemaßnahmen zu treffen:
Erstellen Sie eine Liste aller vorhandenen Online-Konten im Internet.
Denken Sie hierbei auch an E‑Mail-Konten, soziale Medien, Online-Shops, Streaming-Dienste, E‑Banking-Anwendungen, Blog-Portale, selbstverwaltete Webseiten und Domains, Kryptowährungen etc.
Es gibt hierzu viele Musterlisten im Internet.
Dabei ist stets auf eine aktuelle Pflege dieser Liste zu achten.
Notieren Sie zu jedem Online-Konto Ihre Zugangsdaten (z.B. E‑Mail-Adresse, Benutzername, Passwort), mindestens aber Ihren Benutzernamen bzw. die mit dem Konto verbundene E‑Mail-Adresse.
Legen Sie fest, was mit den jeweiligen Online-Konten und den damit verbundenen Daten im Ernstfall geschehen soll.
Sie können die Liste natürlich auch physisch in Papierform oder in elektronischer Form auf einem passwortgeschützten USB-Stick an einem geeigneten sicheren Ort (z.B. Safe, Dokumentenmappe etc.) aufbewahren.
Als technische Alternative kann dafür auch ein Passwort-Manager mit nur einem zentralen Haupt-Passwort wie zum Beispiel KeePass verwendet werden.
Da diese Liste kontinuierlich gepflegt werden muss, ist die Einbindung in ein ein Testament, einen Erbvertrag oder eine Vollmacht nur über einen Verweis empfehlenswert und sollte im Ernstfall sichergestellt sein.
Sprechen Sie den Aufbewahrungsort der Liste mit möglichen Erben oder Vertrauensperson ab.
Dabei ist auch ein Aufbewahrungsort und gegebenenfalls das Passwort abzustimmen.
Wenn Sie im Zuge dessen einen Passwort-Managers nutzen, sollten die genannten Personen ebenfalls über diese Tatsache sowie das zentrale Haupt-Passwort informiert sein.
Vergessen Sie ebenfalls nicht die Hinterlegung bzw. Nennung von Zugangsdaten zu Ihren elektronischen Geräten wie zum Beispiel: Computer, Tablet, Smartphone etc..
Die Zugangsdaten und Passwörter für die elektronischen Geräte, den USB-Stick oder den Passwort-Manager können im Testament, dem Erbvertrag oder einer Vollmacht integriert sein.
Einen Mitteilung dieser Daten zu Lebzeiten, außer im Vorsorgefall, entfällt dann.
Legen Sie jedoch im Testament, dem Erbvertrag oder einer Vollmacht fest, wer sich um Ihren digitalen Nachlass bzw. um die Verwaltung Ihrer digitalen Daten kümmern soll.
Beachten Sie die geltenden Formvorschriften.
Online Vorbereitung
Sofern es der jeweilige Online-Dienst zulässt, legen Sie vorsorglich selbst fest, was mit Ihrem Online-Konto und den Daten darin im Ernstfall geschehen soll.
Plattformen einrichten (wenn möglich):
Einige Plattformen erlauben Einstellungen für den Ernstfall und was dann mit dem Konto zu geschehen hat, z.B.
- Google: Inaktivitäts-Manager:
https://support.google.com/accounts/answer/3036546?hl=de
- Facebook: Gedenkzustand:
https://de-de.facebook.com/help/www/1506822589577997
- Instagram: Gedenkzustand:
https://de-de.facebook.com/help/instagram/264154560391256
Nicht mehr benötigte Konten regelmäßig löschen.
Unerwünschte Daten regelmäßig löschen.
Verwaltung eines digitalen Nachlasses
Als Verwalter oder Erbe eines digitalen Nachlasses steht man bei der Abwicklung häufig vor einer großen und zeitraubenden Herausforderung.
Als erstes verschaffen Sie sich einen Überblick.
Wenn vorhanden, nutzen Sie die Liste (das Passwort-Manager-Programm) der verstorbenen Person. Falls nicht alle Passwörter angegeben sind, können Sie über die Mailbox die meisten Passwörter zurücksetzen lassen.
Wenn keine Liste vorliegt, versuchen Sie über die Mailbox oder, wenn auch diese nicht bekannt ist, über Gespräche mit Angehörigen und Freunden herauszufinden, wo Online-Konten der verstorbenen Person bestehen könnten.
Ihnen sind die Zugangsdaten bekannt:
Setzen Sie die Wünsche der verstorbenen Person entsprechend ihrer Anweisungen um.
Kündigen Sie kostenpflichtige Online-Verträge.
Kopieren Sie Daten aus Geräten und Online-Konten und übertragen Sie diese ggf. an allfällige Erben.
Löschen Sie nicht mehr benötigte Konten.
Keine Zugangsdaten bekannt:
Wo vermuten Sie Konten und/oder Verträge der verstorbenen Person?
Sehen Sie die Vorgehensanweisungen in den AGB der jeweiligen Plattformen ein.
Kontaktieren Sie die Plattformen
- Reichen Sie allenfalls geforderte Formulare ein (z.B. Todesschein oder Sterbeurkunde etc.)
- In den meisten Fällen ist so eine Deaktivierung oder Löschung des Kontos bzw. eine Auflösung des Vertrags möglich
- Achtung: Zugang zum Konto oder eine Kopie der darin gespeicherten Daten wird nicht immer gewährt. Dies ist stark von der Plattform und künftiger Rechtsprechung abhängig.
Zudem: priorisieren Sie die Auflösung bzw. Löschung von Online-Konten kostenpflichtiger Abonnements und Dienstleistungen wie etwa von Online-Zeitungen oder Streaming-Diensten.
Diese laufen sonst ungehindert weiter und verursachen fortlaufende Kosten.
Doch beim digitalen Nachlass gilt es wie bei jeder Erbschaft:
Nicht jedes Erbe lohnt, es anzunehmen.
Also lassen Sie sich gut beraten.